Zwischen Low-Performance und Leistungsspitzen

Ein kritischer Blick auf Leistungsbewertungen und Zielvereinbarungen

Es muss ja eine gewisse Ordnung herrschen. Das bedeutet eben auch, dass Kollege A, der 3 Prozent weniger Leistung bringt als Kollege B auch entsprechend weniger Lohn erhält. Das zumindest geht aus den aktuellen Leistungsbeurteilungen der beiden Mitarbeiter hervor. Laut Studien gibt es mittlerweile in 6 von 10 Betrieben ein Monitoring der Mitarbeiter, um deren Leistung in Zahlen und Diagramme zu pressen. Sowohl der Chef als auch der Mitarbeiter kreuzen auf einer Tabelle die Leistung des Kollegen an und anschließend wird dann miteinander verglichen. Wo gibt es Einigkeit und an welchen Stellen über- oder unterschätzt sich der Kandidat? Man nennt dies Feedback-Gespräche. Am Ende steht eine Zielvereinbarung, in welche Richtung sich der Mitarbeiter bis zum Zeitpunkt X entwickeln sollte. Dieses Ziel ist natürlich auch an die Gehaltsentwicklung gekoppelt.

Wie gut sind Zielvereinbarungen wirklich?

Zielvereinbarungen wurden natürlich in erster Linie mit dem Ziel entwickelt, den Mitarbeiter zu immer mehr Leistung zu „motivieren“ oder anders gesagt, ihn mit einer geforderten Leistungssteigerung unter Druck zu setzen. Man hat zuweilen den Eindruck, der Mitarbeiter wird in solchen Gesprächen zu einem industriellen Bauteil degradiert, das man in eine Maschine steckt und einem Produkttest unterzieht. Wie oft kann man draufhauen, bis das Teil kaputtgeht? Wann ist die Leistungsgrenze erreicht? Wann überschritten?

In großen Konzernen gibt es einige schwarze Schafe, die einen Schlüssel dafür haben, wie viele Mitarbeiter als „Low Performer“ bewertet werden sollen. Es muss schließlich immer einer der Schlechteste sein, der auf die Abschussliste kommt. Da dort niemand landen möchte, ist dies zugleich eine neue Motivation für die Übriggebliebenen, noch eine Schippe draufzutun. Freizeit wird ohnehin komplett überbewertet. Was macht das mit den Kollegen untereinander? Sie treten in Konkurrenz. Belebt ja das Geschäft.

Eine kleine Anekdote zu Leistungsbewertungen am Rande…

Ein Hersteller von BIO-Tiefkühlgemüse führt für seine Fließbandarbeiter ebenfalls solche Zielvereinbarungen ein. Die Arbeiterinnen am Band hatten die Aufgabe, aus dem frisch geernteten Gemüse Würmer und andere Insekten heraus zu sammeln. Für jeden Wurm, den sie aus der frischen Ernte fischten, gab es mehr Gehalt vom Arbeitgeber. Daraufhin brachten einige der Arbeiter Kleintiere aus dem heimischen Garten mit, um sie im Gemüse zu verteilen und anschließend wieder heraussammeln zu können. Ziel erreicht.

Vorteile und Nachteile der Leistungsbewertungen in Unternehmen

Ohne Zweifel haben Leistungsbewertungen und Zielvereinbarungen in Unternehmen den Vorteil, dass sie das Geschäftsergebnis verbessern. Aber sind es tatsächlich die Bewertungen selbst oder ist es der Druck, dem die Mitarbeiter dadurch ausgesetzt sind? Das gesteckte Ziel schwebt wie ein Damoklesschwert über jedem Arbeitstag. Und wer dokumentiert eigentlich, wieviel Arbeitszeit für das Monitoring verschwendet wird, um Zielgespräche zu führen, Bewertungsbögen auszuwerten etc. Wenn diese Zeit als Kernarbeitszeit genutzt würde – vielleicht wäre das Ergebnis dasselbe?

Von außen mutet dieses Geschäftsgebaren etwas an wie eine Treibjagd auf den vermeintlich schwächsten. Wer prüft eigentlich, wie fair diese Bewertungen tatsächlich sind und gibt es Daten darüber, wie hoch die Motivation nach einer unfairen Leistungsbeurteilung und einer unrealistischen Zielvereinbarung eigentlich ist?

Am Ende bleibt noch eine entscheidende Frage: Wie kann eine Arbeitswelt, in die gerade die Generation Z hineinwächst – eine Generation, die ausschließlich aus Individuen besteht – in eine glattgebügelte Tabelle hineingepresst werden?

Ein Beitrag von workpool, der Stellenplattform für die Schweiz, Deutschland und Österreich.